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Von hier nach da

Mit 960 Brücken ist Berlin zwar nicht der Spitzenreiter, besetzt aber hinter dem Venedig des Nordens mit seinen 2500 Brücken – nämlich Hamburg, Wien und Amsterdam den vierten Platz der europäischen Brückenhitparade. Und Venedig? Nur schlappe 400 Viadukte hat die Stadt zu bieten.
Am Brückenwettbewerb teilgenommen haben aber nicht nur diejenigen über Flüsse oder Bäche, sondern auch die zahlreichen Überführungen der Eisen- und S-Bahngleise oder Strassen, die kleinsten ganze zwei Meter lang, die längste 930 Meter über die Stadtautobahn in Charlottenburg.
In einer Länge von 37 Kilometern umschließt heute die Trasse der Ringbahn den Kern der Stadt. Als Berlin sich im Zuge der Industralisierung über den Stadtring hinaus auszudehnen begann und auch der Straßen- und Fußgängerverkehr zunahm, führte dies zwischen den Bahnhöfen Prenzlauer und Schönhauser Allee zum Bau der Brücken im Verlauf der Duncker, Schönfliesser und Greifenhagener Strasse. Den Kindern aus den damaligen Neubaugebieten sollten sie den Schulweg erleichtern, vor allem aber sollten sie den Arbeitern aus dem Helmholtzkiez eine fußläufige Anbindung an die Ostseite des Bahnhofs Schönhauser Allee ermöglichen. Mit vier schmiedeeisernen Leuchtern versehen ist dort die Greifenhagener Brücke ein ausgesprochenes Schmuckstück ihrer Gattung. Die schönen Details der denkmalgeschützten Jugendstilbrücke – die gestanzten Blechtafeln mit ihren Blumenmotiven und die geschmiedeten Rahmungen – nehmen wohl aber die wenigsten wahr.

 

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Angepasst

Ein Verwandlungskünstler war der Barkas – seit 1961 konnte sich der Kleintransporter der DDR mithilfe unterschiedlichster Aufbauten und Anstriche für alle denkbaren Anforderungen herrichten lassen und wurde zeitweise in 40 Varianten hergestellt: er fuhr als Kleinbus, Polizeifahrzeug, mit rotem Kreuz als Krankenwagen, in rot zum Feurlöschen, als Pritschentransporter oder in grün getarnt als Militärfahrzeug herum. Im grauen Anstrich (mit weißem Dach) war er selbst für die letzte Fahrt zuständig. Eine seiner unrühmlichsten Aufgaben versah er jedoch als Gefangenen­trans­por­ter im Dienste des MfS, des Ministeriums für Staatssicherheit.
Als von 1950 bis in die 80er Jahre in der kleinen neogotischen Kapelle an der Fröbelstrasse die Fahrbereitschaft des MfS untergebracht war, hatte das oktogonale Gebäude mit dem spitzen Dach bereits einige Hausherren hinter sich. Zwischen 1886 und 1889 war es als Leichenhalle und Pathologie für das angrenzende Hospital- und Siechenhaus gebaut worden und diente dann als Aufbewahrungsort für Verstorbene. Nach der Errichtung der NS-Diktatur 1933 wurde die Kapelle zur nationalsozialistischen Feierhalle, während in die Gebäude ringsum im Jahre 1934 das Bezirksamt einzog. Heller wurde es an der Fröbelstraße erst einmal nicht. Nach Kriegsende wurde das gesamte Gelände von der Roten Armee requiriert und die sowjetische Militärkommandantur (SMAD) für den Stadtbezirk Prenzlauer Berg schickte von hier aus ehemalige Nazifunktionäre und unliebsame Gegner der Sowjetmacht in die Straflager.
Wer heute die Prenzlauer Allee entlang geht, sieht das Oktogon frisch hergerichtet. Der Stadtbaurat Hermann Blankenstein hatte seinerzeit viel Mühe auf den Baudekor verwandt und den gesamten Baukomplex samt Umfassungsmauer mit zahlreichen Formsteinen und farbigen Ziegelbändern verziert.